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Ubi solitudinem faciunt, pacem appellant
Make a wasteland and call it peace (Tacitus, Agricola, 30)
 
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Luftkrieg und Völkerrecht

Das Kriegsvölkerrecht ist zwar keine Mathematik, aber seine Normen erlauben oft genug ein klares Urteil über die Völkerrechtswidrigkeit bestimmter Handlungen. So stellte der Völkermord an die Armenier im ersten Weltkrieg ein Verbrechen dar, auch vor der Kodifizierung der Völkermordkonvention von 1948. So stellten die Flächenbombardierungen deutscher Bevölkerungszentren im Zweiten Weltkrieg Kriegsverbrechen dar, auch vor der Kodifizierung der IV. Genfer Rotkreuz Konvention von 1949.

Das Völkerrecht besteht aus Konventionen, die ausgelegt werden müssen, aus Praxis, bzw. Gewohnheitsrecht und aus Rechtssprechung. Neben dem Begriff „Kriegsverbrechen“ kennen wir auch den Begriff „Verbrechen gegen die Menschheit“, der bereits im Jahre 1915 von den Briten und Franzosen in einer offiziellen Note an den Sultan im Bezug auf die Massakern gegen die Armeniern gebraucht wurde.

Im Zweiten Weltkrieg galten u.a. die 1907 Haager Landkriegsordnung, deren Artikel 25 bestimmte: „Es ist untersagt, unverteidigte Städte, Dörfer, Wohnstätten, oder Gebäude mit welchen Mitteln es auch sei, anzugreifen oder so beschießen“. Kern des Verbotes ist die Tötung von Zivilpersonen. Dabei ist die Tatsache, dass die Bombardierung aus der Luft erfolgte unerheblich. Hier sei auf die IV. Haager Konvention von 1907 mit der berühmten Martensklausel hingewiesen: „Solange, bis ein vollständigeres Kriegsgesetzbuch festgestellt werden kann, halten es die hohen vertragsschließenden Teile für zweckmäßig, festzusetzen, dass in den Fällen, die in den Bestimmungen der von ihnen angenommenen Ordnung nicht einbegriffen sind, die Bevölkerung und die Kriegführenden unter dem Schutze und der Herrschaft der Grundsätze des Völkerrecht bleiben, wie sie sich ergeben aus den unter gesitteten Völkern feststehenden Gebräuchen, aus den Gesetzten der Menschlichkeit und aus den Forderungen des öffentlichen Gewissens.“

Die „ carpet bombing “ deutscher Städte geht zurück auf den sog. Lindemann-Plan, der als offizielle britische Politik durchgeführt wurde. Es ging schlechthin um Terror-Angriffe gegen die Zivilbevölkerung, um ihre Moral zu brechen. Wir wissen, dass kein britischer Flieger oder Politiker wegen des Massakers der Zivilbevölkerung in Dresden, Hamburg, Kassel usw. zu Verantwortung gezogen wurde, genauso wie kein amerikanischer Flieger oder Politiker wegen Hiroshima und Nagasaki vor Gericht kam. Allerdings heißt ihre Straffreiheit nicht, dass ihre Handlungen völkerrechtsgemäß waren. Auch Pol Pot und Idi Amin sind nie vor einem Tribunal gekomen, um wegen Massenmord angeklagt und verurteilt zu werden. Ihre Straffreiheit bedeutet nicht, dass ihre Taten keine Verbrechen darstellen. Normen sollen nicht mit ihrer Umsetzung verwechselt werden.

Ferner ist hervorzuheben, dass das Kriegsvölkerrecht gleichermaßen auf alle Kriegsparteien Anwendung findet. Zweck des Kriegsvölkerrechtes ist, das unvermeidbare Leiden jedes Krieges zu beschränken. Dabei wird nicht gefragt, wer der Aggressor war, denn jeder Mensch, ob Soldat oder Zivilist, hat Menschenrechte, die ohne Diskriminierung geachtet werden müssen. Kollektivschuld gibt es nicht, und Kollektivstrafen werden im Völkerrecht untersagt. Darum lässt sich die Völkerrechtswidrigkeit der Luftangriffe an Dresden oder Hiroshima nicht damit tilgen, dass die Deutschen und Japaner Aggressoren waren. Außerdem wurde das völkerrechtliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit in beiden Fällen arg verletzt. Als Amerikaner, der nach dem Krieg geboren wurde, bedauere ich zutiefst, dass diese Kriegsverbrechen im Namen Amerikas begangen wurden.

Professor Dr.iur et phil. Alfred de Zayas

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