ALFRED de ZAYAS * TAG DER HEIMAT * Heidelberg, 29. IX. 1996
Meine sehr verehrten Damen, meine Herren!
Die Opfer der Flucht und der Vertreibung haben in fünf Jahrzehnten viele Ansprachen zum Tag der Heimat oder zu Pfingsttreffen gehört, in welchen sie hinreichend viel über das Selbstbestimmungsrecht der Völker, über das Recht auf die Heimat und über die Völkerrechtwidrigkeit von Vertreibungen erfahren haben. Ferner ist immer auf die politischen Realitäten hingewiesen worden, welche eine Wahrnehmung ihrer Menschenrechte verhinderten.
Heute Nachmittag möchte ich Sie mit einer Wiederholung von bekannten Schilderungen nicht langweilen, die sie ohnehin in Büchern und Aufsätzen nachlesen können. Ausserdem halte ich den lahmen Hinweis auf sogenannte politische Realitäten für unaufrichtig, denn politische Realitäten werden eben von Politikern geschaffen, und wenn die Politiker diese Realitäten ändern wollen, gibt es eben Strategien, um dies zu tun, gibt es Momente und Gelegenheiten, die man ergreifen muss, wenn sich die Möglichkeit zum Handeln anbietet. So ein historischer Moment war da, als der deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl die Perestroika Gorbatschows als einmalige Gelegenheit erkannte, die Vereinigung der Bundesrepublik mit der Deutschen Demokratischen Republik zu verwirklichen. Er handelte rasch und trotz Widerstände -- auch in der Bundesrepublik Deutschland -- zog er das Einigungswerk über die Bühne. Dies war eine politische Leistung ersten Ranges, der nicht jedem Kanzler gelungen wäre.
Natürlich hätte man 1989 und 1990 noch mehr erreichen wollen, denn die Wiedervereinigung war eigentlich eine Teilvereinigung und die Interessen der Vertriebenen blieben bekanntlich auf der Strecke. Heute wissen wir vom Bundeskanzler, was für eine ungeheuere Druckkulisse sich gegen ihn gebildet hatte. Jeder kann in den Memoiren von Margaret Thatcher nachlesen, wie sehr sie versuchte, die Wiedervereinigung zu vereiteln, und wie sie Helmut Kohl bedrängte, die Oder Neisse als definitife deutsch-polnische Grenze anzuerkennen. Auch Francois Mitterand war von der Wiedervereinigung nicht sonderlich begeistert und gönnte den vertriebenen Deutschen keine Selbstbestimmung. Doch legte er sich wenigstens nicht quer wie seinerzeit Margaret Thatcher. Ohne die Freundschaft Kohls mit George Bush und Michail Gorbatchow wäre m.E. die Wiedervereinigung gar nicht zustande gekommen.
Heute kann man feststellen, dass trotz völkerrechtlichem Annexionsverbot, trotz fünfundvierzig Jahren von Büchern und Gutachten über den völkerrechtlichen Status der Oder-Neisse Gebiete -- Gutachten von den führenden Professoren Deutschlands und des westlichen Auslands, Gutachten, die besagten, dass die Annexion der Oder-Neisse Gebiete rechtswidrig sei -- trotz dem konsequenten Festhalten an Rechtspositionen durch jede Bundesregierung seit 1949, trotz Vorbehalte und Absicherungen bei den Westmächten -- trotz alledem wurde die Oder Neisse Grenze 1990 doch anerkannt und die ganze Wissenschaft und das ganze politische Beharren von 45 Jahren wurden auf einmal beiseite gelegt. Es war ein Phänomen -- und dennoch zu verstehen, denn die Anerkennung der Oder-Neisse Linie hatte nichts mit Gerechtigkeit oder mit Völkerrecht zu tun, sie war der Preis für die Wiedervereinigung.
Heute steht eine Schlussstrich Erklärung mit der Tschechischen Republik zur Debatte. Da ich weder Tscheche noch Deutscher bin, kann ich mich vielleicht als Unparteischer dazu äussern. Ich stelle anheim, darüber nachzudenken, ob die politischen Realitäten heute so sind wie 1990, ob hier ein politisches Geschäft zu machen ist. Mit anderen Worten, ist eine Schlussstrich Erklärung sinnvoll oder gar notwendig? Sollen Rechtspositionen aufgegeben werden, und wenn ja, gibt es eine Gegenleistung?
In der Presse liest man immer wieder von den politischen Realitäten. Aber lassen sich diese Realitäten ändern? Zuweilen denke ich, dass wenn sich politische Konstellationen nicht ändern, liegt es oft daran, dass die Politiker es eigentlich nicht wollen. Oder vielleicht liegt es auch daran, dass die Politiker keine Fantasie haben, dass sie zu bürokratisch und verbohrt sind, um die Möglichkeiten zu erkennen.
Nun werde ich doch auf die Rechtslage und auf gewisse politische Realitäten Bezug nehmen müssen, nicht der Wiederholung wegen, sondern um die notwendigen Faktoren zu identifizieren, die bei der Suche nach Möglichkeiten zur Überwindung der Unrechtsfolgen von Flucht und Vertreibung nützlich sein könnten.
Fünf Jahrzehnte sind seit der Vertreibung vergangen. Zwei Generationen gross geworden. Soll dies heissen, dass der Begriff Heimat seine Bedeutung verloren hat? Dies können nur Sie beantworten. Es liegt an Ihnen, diesen Begriff lebendig zu machen, denn Heimat heisst nicht nur Geschichte -- sie heisst auch Gegenwart und Zukunft. Ihre Kinder und Enkel, Ihre Freunde und Nachbarn, auch Ihre ausländische Freunde durfen wissen, woher Sie stammen -- aus Ostpreussen, Pommern, Schlesien, Sudetenland, aus Ungarn, Siebenburgen, dem Banat, Wolhynien usw.
Es gehört zu den fundamentalsten Eigenschaften und Bedürfnissen des Menschen, eine Heimat zu haben und sich dazu zu bekennen. Dies hat nichts mit Revanchismus zu tun. Es ist ein anerkanntes Menschenrecht -- für die Bosniern, für die Palästinenser, für die Afghanen, für die Zyprioten, für die Polen, die Tschechen, die Russen, die Franzosen, und auch -- warum nicht? -- für die Deutschen.
Völkerrechtlich besteht keine Frage: Es gibt ein Recht auf die Heimat. Dieses Recht ist eigentlich eine unabdingbare Voraussetzung zur Wahrnehmung anderer im Völkerrecht anerkannter Rechte. In der Tat werden bürgerliche und politische Rechte, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte nicht im Leerraum ausgeübt, sondern ganz konkret auf dem Gebiet, wo der Mensch zuhause ist.
Deutschland, Polen, die Tschechische Republik -- alle haben den UNO-Pakt über bürgerliche und politische Rechte, das Fakultativprotokoll, und den Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte ratifiziert. Alle haben sich verpflichtet, die dort genannten Rechte zu achten, und somit auch das Recht auf die Heimat, das zugleich im Selbstbestimmungsrecht der Völker und im völkerrechtlichen Annexionsverbot verankert ist.
Dies gilt zweifelsohne für die Gegenwart und für die Zukunft. Deshalb kann man heute feststellen, dass Vertreibungen und ethnische Säuberungen völkerrechtswidrig sind. Eine rückwirkende Anwendung der Pakte empfiehlt sich auch, zumal Menschen, die gröbste Menschenrechtsverletzungen erlitten haben, noch unter uns leben und ein Recht auf Wiedergutmachung besitzen.
Politiker und Journalisten geben zu, dass heute ein Recht auf die Heimat existiert. Manche bestreiten aber, dass dies der Fall vor fünfzig Jahren war, als den Deutschen ihre Heimat beraubt wurde. Diese Auffassung lässt sich leicht widerlegen, denn im Nürnberger Prozess wurden die durch die Nazis durchgeführten Vertreibungen von 100,000 Franzosen und einer Million Polen nicht nur unter Anklage gestellt, sondern auch im Urteil als Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit festgehalten. Die Tatbestände sind ähnlich: Vertreibung und Mord zum Zwecke des Landraubes.
Ein bedeutendes Bekenntnis der Vereinten Nationen zum Recht auf die Heimat lieferte im vorigen Jahr der Hochkommissar für Menschenrechte Jose Ayala Lasso in der Paulskirche zu Frankfurt:
"Das Recht, aus der angestammten Heimat nicht vertrieben zu werden, ist ein fundamentales Menschenrecht ... Ich bin der Auffassung, dass hätten die Staaten seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges mehr über die Implikationen der Flucht, der Vertreibung und der Umsiedlung der Deutschen nachgedacht, die heutigen demographischen Katastrophen, die vor allem als ethnische Säuberungen bezeichnet werden, vielleicht nicht in dem Ausmass vorgekomme wären....Es beseteht kein Zweifel darüber, dass unter den nationalsozialistischen Besetzung den Völkern Ost- und Zentraleuropas unermessliches und unvergessliches Unrecht zugefügt worden ist. Sie hatten daher einen legitimen Anspruch auf Reparationen. Jedoch dürfen legitime Ansprüche nicht durch die Verhängung von Kollektivstrafen auf der Grundlage allgemeiner Diskriminierung und ohne die genaue Untersuchung persönlicher Schuld verwirklicht werden."
Dies, meine Damen und Herren, ist ein Auszug aus dem Grusswort, das der Ecuadorianer Ayala Lasso am 28. Mai 1995 an die deutschen Vetriebenen richtete. In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf die einschlägigen Resolutionen der UNO Unterkommission für Diskriminierungsverhütung und Minderheitenschutz hinweisen, die das Recht jedes Menschen, in Frieden in seinem eigenen Heim, auf seinem eigenen Grund und Boden und in seinem eigenen Land zu leben bekräftigen.
Solche Resolutionen allein können natürlich die Verwirklichung des Rechtes auf die Heimat nicht garantieren. Der politische Wille ist dafür notwendig. Und wenn das Recht auf die Heimat verletzt worden ist, müsste eine angemessene Wiedergutmachung folgen.
So wie das Recht auf die Heimat im ehemaligen Jugoslawien arg verletzt worden ist, so wird dieses Verbrechen durch das Internationale Strafrechtstribunal in Den Haag geahndet. Nicht nur die Morden und die Vergewaltigungen -- sondern das Verbrechen der ethnischen Säuberungen zum Zweche des Landraubes -- das ist das eigentliche Verbrechen, das verurteilt werden wird.
Und für die Opfer des Verbrechens muss es auch Abhilfe geben. Dies ist im Dayton-Abkommen vom Dezember 1995 festgehalten. Eine internationale Menschenrechtskammer ist ins Leben gerufen worden, die über Ansprüche auf Restitution befinden wird. Das deutsche Mitglied in dieser Kammer ist Professor Dietrich Rauschning, Direktor des Instituts für Völkerrecht an der Universität Göttingen -- ein Ostpreusse.
Nach dem Dayton-Abkommen haben die Flüchtlingen und Vertriebenen das Recht, in die Heimat zurückzukehren und Restitution zu erhalten. Dieses Abkommen betrifft zwar nur die Bevölkerung in Bosnien und Herzegowina -- es stellt aber einen völkerrechtlichen Präzedenzfall dar, der in ähnlichen Situationen Anwendung finden sollte.
Allgemeiner -- also für alle Menschen, nicht nur für die Opfer in Bosnien und Herzegowina -- heisst es in den Resolutionen 1994/24, 1995/13 und 1996/9 der UNO-Unterkommission: Flüchtlinge und Vertriebene haben das Recht, in Sicherheit und Würde in ihr Herkunftsländer zurückzukehren.
Dies, meine Damen und Herren, ist das heutige Völkerrecht. Es liegt an Ihnen, es in Anspruch zu nehmen. Für die Deutschen auf das Recht auf die Heimat zu verzichten, wäre ein verhängnisvoller Präzedenzfall. Dies würde bedeuten, dass die völkerrechtliche Entwicklung von mehr als fünfzig Jahren ausser Acht gelassen würde. Dies würde Vertreibung und Landraub legitimieren.
Auf Rache und Vergeltung haben die deutschen Vertriebenen bereits in Ihrer Charta vom 6. August 1950 verzichtet. Dies war eine grosse Geste der Versöhnung, die lange nicht erwidert wurde, bis der Slowake Danubius - eigentlich Professor Jan Mlynarik - seine Thesen zur Vertreibung 1978 veröffentlichte, noch Jahre vor der Entschuldigung des Dichters Vaclav Havel im Jahre 1989.
Auch der UNO-Hochkommissar für Menschenrechte würdigte die Bedeutung der Charta der deutschen Heimatvertriebenen, als er feststellte: "Es ist gut, dass Menschen, die Unrecht gelitten haben, bereit sind, den Teufelskreis von Rache und Vergeltung zu brechen und auf friedlichen Wegen für die Anerkennung des Rechtes auf die Heimat sowie den Wiecderaufbau und die Integration Europas zu arbeiten."
Merkwürdig und zugleich traurig ist es, wie wenig deutsche Politiker diese Charta der Heimatvertriebenen überhaupt zur Kenntnis nehmen. Nun zur Frage der sog. tschechisch-deutschen Schlussstrich Erklärung erlauben Sie mir, einige Überlegungen zu äussern. Zunächst beglückwünsche ich die Tschechen und die Deutschen zur Bereitschaft, über vergangenes Unrecht zu sprechen. Beiden wünsche ich vor allem Aufrichtigkeit und Geduld bei dieser wichtigen Aufgabe der Annäherung und Verständigung. Es ist ein nobler Prozess, der nicht übereilt vor sich gehen sollte. Beide Parteien sollen Gelegenheit haben, zu trauern, Scham zu empfinden, um Vergebung zu bitten. Mir scheint aber, dass diese notwendige Fähigkeit zu trauern noch nicht genug ausgebildet ist. Wenn ich Äusserungen von tschechischen Politikern und Journalisten lese, die nach wie vor die Vertreibung für richtig halten, denke ich, dass die Zeit für eine tschechisch-deutsche Erklärung noch lange nicht reif ist. Und ich neige zur Meinung von Bundestagsvizepräsident Hans Klein, der vor dem naiven Glauben, Geschichte mit einem "Versöhnungspapier bereinigen" zu können, gewarnt hat. Bereinigen kann man, wenn beide Parteien dieselben Rechte und dieselben Speilregeln akzeptieren. Solange sich eine Partei von Verbrechen nicht distanziert, solange z.B. die rassistische Benesch Dekrete über die Konfiszierung des Privateigentums von allen Deutschen bestehen, Dekrete, die Konfiskationen aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit und die Verteilung desselben nur an slawische Mitbürger anordnete (Benesch Dekret Nr. 12), Dekrete, die Mord and deutsche Zivilpersonen amnestierte, scheint mir eine echte, dauerhafte Freundschaft nicht möglich.
Darum erlaube ich mir die Frage: Warum eine Schlussstrich Erklärung überhaupt? Und warum jetzt? Damals im Jahre 1990 bestand in den 2 plus 4 Verhandlungn ein Junktim zwischen der Anerkennung der Oder-Neisse-Grenze und das Alliierte "Ja" zur Wiedervereinigung. Aber heute? Was ist der Sinn einer vermeintlichen Schlusserklärung mit der Republik Tschechien? Vernünftiger erschien es, den Tschechen Zeit zu geben, die Enormität der Vertreibung zu erkennen. Nur wenn die Tschechen verstanden haben, was tatsächlich geschehen ist, nur wenn sie den europäischen menschenrechtlichen Mindesstandard akzeptiert haben und nicht mehr die Sudetendeutschen diskriminieren und verleumden, wird die Zeit für eine aufrichtige Erklärung kommen, wird die Zeit für Europa sein.
Weihbischof Gerhard Pieschl, Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für Flüchtlings- und Vertriebenenseelsorge, schrieb am 17. September 1996 in der Süddeutschen Zeitung:
"Ein harmonisches Miteinander auf Zukunft hin ist abhängig von Vergebung und der Bitte um Vergebung. Aussöhnung muss aber auf Wahrheit aufbauen. Deshalb ist die historische Wahrheit nicht nur weiter zu erforschen, sondern in einem weitaus grösseren Mass als bisher in beiden Völkern bewusstzumachen und zu benennen. Aus der Kenntnis und Akzeptanz der historischen Wahrheit ist sodann in aller Nüchternheit zu klären, welche Rechte in Frage stehen und wer auf welches Recht verzichten will. Dies muss von Verantwortlichen beider Völker, speziell aber auch von direkt Betroffenen geleistet werden."
Wie am Anfang dieser Rede bereits signalisierte, wollte ich nach Möglichkeiten zur Überwindung der Unrechtsfolgen der Vertreibung zu suchen. Ich glaube, die Möglichkeiten befinden sich im Instrumentarium des internationalen Menschenrechtsschutzes. Da Vertreibungen und ethnische Säuberungen ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen, gibt es für die Opfer ein Recht auf Wiedergutmachung. Dieses Recht kann in den geeigneten Organen des Europarates und der Vereinten Nationen geltend gemacht werden. Es liegt an Ihnen, Ihre politische Vertreter dazu zu veranlassen. Ganz konkret, soll das Recht auf Rückkehr - für die die es wollen - ermöglicht werden. Ferner sollen Modalitäten für eine Entschädigung für Konfiskationen ausgearbeitet werden. Schliesslich gibt es 500,000 Hektar Land in den Händen des Landwirtschaftsministers in der Republik Tschechien, die sicherlich einige der Ansprüche der Vertriebenen erfüllen könnte.
Was können Sie persönlich tun? Erlauben Sie mir zwei Gebiete zu nennen, wo Sie etwas unternehmen könnten:
1. Erziehung -- Sie sollen bei Ihren Abgeordneten und Kultusministern verlangen, dass die Geschichte der Flucht und Vertreibung -- sowie der friedlichen Integration der Vertriebenen -- immerhin 20% der Bevölkerung Deutschlands -- mehr Raum im Lehrplan gewidmet wird. Lehrer sollen die Vertreibung im grossen historischen Kontext darstellen -- nicht Monokausal als Folge des Nationalsozialismus -- sondern als immer noch ungesühntes Verbrechen mit historischen Wurzeln in den europäischen Nationalismen des 19. Jahrhunders, in den Verträgen von Versailles und St. Germain, und auch mit historischen Folgen, wenn man an die Vertreibungen und ethnischen Säuberungen der letzten 50 Jahren denkt. In diesem Zusammenhang möchte ich die verdientsvolle Arbeit der Arbeitsgemeinschaft sudetendeutscher Lehrer und Erzieher erwähnen. Ich bin der Überzeugung, dass die Politik von heute die Erziehung von gestern widerspiegelt. Eine unzureichende Erziehung hat eine ebenso mangelnde Politik zur Folge. Eine Erziehung in Ethik, in Menschenrechte und in Geschichte könnte eine Generation von Politikern hervorrufen, die auch in der Lage ist, die politischen Realitäten zum Besseren zu ändern.
2. Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit -- Die Anliegen der Vertriebenen werden von der Presse meistens ignoriert oder falsch dargelegt. Da es aber in Deutschland ein demokratisches Recht auf Meinungsfreiheit gibt, muss man dafür sorgen, dass die Journalisten im Funk und Fernsehen auch die Stimme der Vertriebenen zur Kenntnis nehmen und dem Leser weitervermitteln. Resignieren Sie also nicht. Telephonieren Sie, faxen Sie, schreiben Sie an die Medien. Verlangen Sie, dass Ihre Themen in Fernsehen behandelt werden, dass auch Ihre Anliegen demokratisch zur Diskussion kommen. Zur Aufklärung gehören auch wissenschaftliche Austellungen. Im vorigen Jahr hatte ich Gelegenheit, die ausgezeichnete historische Ausstellung "Odsun" im Sudetendeutschen Haus in München zu besuchen. Ich könnte nur empfehlen, diese Ausstellung in jeder deutscher Stadt und jeder Schulklasse zu zeigen.
Wenn Sie diese zwei Arbeitsbereiche konsequent verfolgen wollen, tun Sie es auf der Basis der Menschenrechte, denn die Deutschen haben zwar nicht mehr aber auch nicht wenige Rechte als die übrigen Menschen. Wenn das Recht auf die Heimat im Dayton Abkommen, vom UNO-Hochkommissar für Menschenrechte und in etlichen UNO Resolutionen anerkannt wird, so ist es das natürlichste für Sie, dieses Recht in Anspruch zu nehmen. So handeln sie folgerichtig, wenn Sie von Ihrem Kultusminister, von Ihrem Abgeordneten und von Ihrer Presse verlangen, dass auch für dieses Menschenrecht der deutschen Vertriebenen Zeit und Platz geschaffen wird.
Meine Damen und Herren, Tag der Heimat heisst Tag der Besinnung und Tag der Menschenrechte -- für Sie und für Ihre Nachbarn in einem Europa von gleichberechtigten Staaten und Völkern, die sich gegenseitig achten, und die Ihre Beziehungen auf der Basis der Gleichheit und der Menschenrechte aufbauen wollen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.