Die schwere und anhaltende Verharmlosung
der Vertreibung der Deutschen durch deutsche, polnische und tschechische
Historiker stellt eine Menschenrechtsverletzung dar, denn sie bedeutet
eine unzulässige Diskriminierung der Opfer. In diesem Zusammenhang
muss an Artikel 26 des UNO-Paktes über bürgerliche und
politische Rechte erinnert werden,der die rechtliche Gleichheit
aller Menschen garantiert und jede Willkür und Diskriminierung
verbietet. Die Missachtung des Status der Vertriebenen als Opfer
kann zudem als eine Verletzung des Artikels 16 dieses Paktes verstanden
werden,der das Recht auf Anerkennung als Rechtsperson garantiert.
Eine massive Verharmlosung der Vertreibung oder die Leugnung der
Vertreibungsverbrechen kann darüber hinaus eine Verletzung
von Artikel 20 dieses UNO-Paktes darstellen, wenn eine Aufstachelung
zu Hass, Erniedrigung und Diskriminierung beabsichtigt wird. Zumindest
aber stellt eine solche Verharmlosung eine Verletzung von Artikel
17 dieses Paktes dar, der Beeinträchtigungen der Ehre und
des Rufes von Menschen verbietet. Die deutschen Vertriebenen und
ihre Nachkommen dürfen keine Opfer zweiter Klasse sein. Die
anhaltende Diskriminierung der Vertriebenen in den Medien, in Schulbüchern
und im politischen Dialog stellt eine Verletzung allgemein anerkannter
menschenrechtlicher Normen dar.
Die Haltung der Historiker, die keinen Zentrum gegen Vertreibungen
und keinen Gedenktag für die Vertriebenen wollen bedeutet letzten
Endes, dass die Deutschen bzw. die Vertriebenen kein Recht haben,
Opfer zu sein, und dass Ihr Leiden nicht zu gedenken ist. Dies ist
schon wieder die menschenverachtende Kollektivschuldthese. Ich darf
an die Worte des ersten UNO-Hochkommissars für Menschenrechte
Dr. Jose Ayala Lasso an die Vertriebenen erinnern (Paulskirche 28.Mai
1995): "Ich bin der Auffassung, dass, hätten die Staaten
seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges mehr über die Implikationen
der Flucht, der Vertreibung und der Umsiedlung der Deutschen, nachgedacht,
die heutigen demographischen Katastrophen, die vor allem als ethnische
Säuberungen bezeichnet werden, vielleicht nicht in dem Ausmaß vorgekommen
wären. In diesem Zusammenhang möchte ich noch auf die Charta
der deutschen Heimatvertriebenen zu sprechen kommen. Es ist gut,
dass Menschen, die Unrecht gelitten haben, bereit sind, den Teufelskreis
von Rache und Vergeltung zu brechen und sich auf friedlichen Wegen
für die Anerkennung des Rechtes auf die Heimat und für
den Wiederaufbau und die Integration Europas zu arbeiten. Eines Tages
wird dieses Opfer besser gewürdigt werden. Es besteht kein Zweifel
darüber, dass unter der nationalsozialistischen Besatzung den
Völkern Ost und Zentraleuropas unermessliches und unvergessliches
Unrecht zugefügt worden ist. Sie hatten daher einen legitimen
Anspruch auf Reparation bzw. Wiedergutmachung. Jedoch dürfen
legitime Ansprüche nicht durch die Verhängung von Kollektivstrafen
auf der Grundlage allgemeiner Diskriminierung und ohne die genaue
Untersuchung persönlicher Schuld verwirklicht werden. In den
Nürnberger und Tokioter Prozessen wurde das unerlässliche
Prinzip persönlicher Haftung für Verbrechen wohlweislich
angewandt. Es lohnt sich, die Nürnberger Protokolle und das
Nürnberger Urteil in vielerlei Hinsicht noch einmal zu lesen."
Mit freundlichen Grüssen,
Prof. Dr. iur. et phil. Alfred de Zayas, ehemaliger Sekretär
des UN Menschenrechtsausschusses |