Als US-Amerikaner und Professor der
Menschenrechte in Genf begrüsse ich die Entscheidung von Ministeren
Barbara Sommer, die Vertreibung als Pflichtfach im Geschichts- und
Politikunterricht an NRW Gymnasien einzuführen. Die Thematik
ist in der Tat lange vernachlässigt worden, und zuweilen durch
eine menschenverachtende Täter/Opfer Schablone historisch und
juristisch falsch dargestellt.
Wie der erste UNO-Hochkommissar für Menschenrechte Dr. Jose
Ayala Lasso immer wieder sagte: Es gibt keine Opfer zweiter klasse.
Am 28. Mai 1995 hat Ayala einen ausführlichen Grusswort an
die deutschen Vertriebenen in der Paulskirche geschickt, in welchem
er die Vertriebenen als Opfer anerkannte. Dies wiederholte er persönlich
am 5. August 2005 bei der Veranstaltung "60 Jahre Vertreibung"
in Berlin, in Anwesenheit von Angela Merkel und Otto Schilly, wo
sich Ayala fur ein Zentrum gegen Vertreibungen in Berlin aussprach.
Man darf die Tragödie der Vertreibung nicht bagatellisieren
und auch nicht relativieren, als manche deutsche Historiker es tun.
Der Hitler-Krieg hat zwar den Anlass für die Vertreibung geliefert,
aber die Vertreibung verfolgte geopolitische Interessen der Russen,
der Polen und der Tschechoslowaken, die lange vor Hitler zum Ausdruck
gekommen waren. Entscheidend für eine Historisierung der Vertreibung
ist die Rolle der Verträgen von Versailles und St. Germain
und die systematische Verletzungen der Minderheitenschutzverträge
durch Polen und durch die Tschechoslowakei, wie in Tausenden von
Petitionen im Archiv des Völkerbundes in Genf belegt, und in
Urteilen des Ständigen Internationalen Gerichtshofs in Den
Haag. Diese werden erläutert in meinem Buch "Die Nemesis
von Potsdam" (erste Ausgabe C.H.Beck, 1977; 14. erweiterte
Ausgabe, Herbig 2005).
Professor Dr. iur et phil. Alfred de Zayas, Genf
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