alfred de Zayas, Genf 24.09.2007
18:46
Als ich Geschichte in Harvard studierte, war die Thematik nicht
nur tabuisiert -- sie existierte einfach nicht. Als ich als Fulbright-Stipendiat
nach Deutschland kam, um über die Vertreibung zu forschen,
würde ich oft schief angesehen. Als mein Buch "Die Nemesis
von Potsdam. Die Anglo-Amerikaner und die Vertreibung der Deutschen"
1977 bei C.H.Beck erschien, waren die Rezensionen zwar gut, aber
die Thematik war nach wie vor nicht gesellschaftsfähig und
wurde nicht deshalb generell nicht angenommen. Als das Buch als
dtv Taschenbuch erschien, wurde es nicht in den Unterricht eingesetzt.
Dies wäre bereits in den 80er Jahren möglich, aber der
Zeitgeist hat es nicht gewollt. Selbstverständlich soll die
Vertreibung in Gymnasien gelehrt werden, aber dann mit den juristisch
und historisch methodologisch zuverlässigen Büchern von
Dieter Blumenwitz, Otto Kimminich, Felix Ermacora, Matthias Stickler,
Manfred Kittel, Andreas Hillgruber, Helga Hirsch, usw. Es besteht
aber die Gefahr, dass man die Vertreibung als eine Frage von Schuld
und Sühne missdeutet. Dies wäre Hohn und Unbarmherzigkeit
den Öpfern gegenüber. Leider gibt es eine Reihe Bücher,
die eine menschenverachtende Täter/Opfer Schablone verwenden,
die keinen Platz in einem Gymnasium oder in einer Universität
haben darf. Ich habe "Thesen zur Vertreibung" verfasst,
die die historischen und juristischen Aspekte didaktisch anpackt
und konkrete Schlussfolgerungen zieht. http://www.alfreddezayas.com/Articles/Thesenzurvertreibung.pdf
Als Amerikaner wünsche ich den Deutschen einen besseren, unverkrampfteren
Umgang mit der eigenen Geschichte. Prof. Dr. iur. et phil. Alfred
de Zayas, Genf www.alfreddezayas.com
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