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TAG DER HEIMAT
BAD BLANKENBURG
THÜRINGEN
Samstag 27. August 2005, 11:00 h
Prof. Dr. Alfred M. de Zayas, Genf
Tag der Heimat ist Tag des geistigen Wiederaufbaus
Sehr verehrte Frau Diezel, verehrte Frau Schulz, geehrter Herr Schönwald,
Herr Niemann, Herr Schütz, meine sehr verehrten Damen und Herren,
Sie feiern den Tag der Heimat in Thüringen; ein altes deutsches Kulturland,
somit auch ein altes europäisches Kulturland. Ostpreußen, Pommern,
Ostbrandenburg, Schlesien, Sudetenland sind auch alte deutsche Kulturlandschaften
– somit auch europäische Kulturlandschaften, „larische
Landschaften“, im Sinne Rainer Maria Rilkes.
Der alljährliche Tag der Heimat, der bundesweit begangen wird, erlaubt
Ihnen, sich zu besinnen, denn Heimat ist sinnstiftend, ist Seele, Sprache,
Identität, Religion, Werte, Kultur. Tag der Heimat ist ein Tag des
Gedenkens. Jahrhundertealte Wurzeln im Osten sollen und dürfen nicht
in Jahrzehnten abhanden kommen. Sie haben das Recht, sogar eine Pflicht,
die Generationen Ostdeutscher zu gedenken, die Ihnen das Leben schenkten,
und damit auch das Erbe von Immanuel Kant, Johann Gottfried Herder, Arthur
Schopenhauer, Lovis Corinth, Caspar David Friedrich, Joseph von Eichendorff,
Gerhart Hauptmann, Adalbert Stifter, Bertha von Suttner, Rainer Maria
Rilke und so vielen anderen.
Tag der Heimat bedeutet, der Menschen zu gedenken, die während der
Vertreibung aus der Heimat ihr Leben ließen. Dies war ohne Zweifel
ein Verbrechen gegen die Menschheit, ich meine, gegen alle Menschen auf
dieser Erde und gegen alle Zivilisation.
Dieses schreckliche Verbrechen wird manchmal als Strafe bezeichnet. Diese
Betrachtungsweise ist aber aus verschiedenen Gründen falsch - sowohl
historisch wie juristisch - und es ist vor allem auch moralisch unhaltbar.
Die Vertreibung war keine Strafe, sondern eine grobe Ungerechtigkeit.
Gerechte Strafen für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschheit
wurden über deutsche Täter in Nürnberg verhängt. Unschuldige
Menschen, die vertriebenen Ostpreußen,.Pommern, Schlesiern und Sudetendeutsche
hatten aber keine Strafe verdient.
Jedoch, obwohl Kollektivstrafen ausdrücklich im Völkerrecht
verboten sind, haben die Alliierten in den Konferenzen von Teheran, Jalta
und Potsdam Kollektivstrafe im großen Stil geplant. Der Karthago-Sieg
über Deutschland erlaubte die Durchführung dieser unmenschlichen
Pläne. Die deutschen Vertriebenen - Frauen und Kinder, Greise --
und auch Männer -- wurden vertrieben - nicht weil sie schuldig waren,
nicht weil sie „Täter“ wurden, nicht weil sie Strafe
verdienten, sondern allein, weil sie Deutsche waren.
Meine Damen und Herren, es bedeutet eine geschichtliche Klitterung und
sogar eine Verletzung der Menschenrechte, die deutschen Vertriebenen als
Täter zu diffamieren.
Die Vertriebenen waren Opfer der Unmenschlichkeit der Sieger – und
heute werden sie Opfer der Diffamierung. Als Opfer sollen die Vertriebenen
und ihre Nachkommen gegen diesen fortwährenden Skandal Klage erheben,
denn die Vertriebenen waren Opfer eines vulgären Rassismus. Jedes
Mal, wenn die absurde Täter- und Opferschablone von Journalisten
und Politikern gegen die Vertriebenen angewandt wird, haben Sie, meine
Damen und Herren, eine Pflicht zu widersprechen. Denn Schuld ist individuell,
nicht kollektiv. Und die vertriebenen Bauern, und Bäcker und Industriearbeiter
waren schuldlos. Die Täter- und Opferschablone ist deswegen eine
Beleidigung der Menschenrechte, weil sie die Würde des Individuums,
des einzelnen Menschen mißachtet. Diese Schablone ist in ihrem Kern
menschenverachtend und verwerflich. Moralisch gesehen ist sie eine Sünde.
Tag der Heimat bedeutet, der Menschen zu gedenken. Er bedeutet auch, eine
Kultur zu ehren und dankbar zu sein dafür, dass dieses kulturelle
Erbe erhalten bleibt. Wenn Sie in Erfurt die Severi-Kirche bewundern,
den Dom, das Rathaus - so feiern Sie auch jahrhundertealte abendländische
Kultur, Sie feiern Martin Luther, das Augustinerkloster, die Wartburg,
Uta von Naumburg, Goethe und Schiller in Weimar, die Professoren aus Jena,
die Corpsstudenten aus Bad Kösen, auch die Rudelsburg und die Saaleck.
TAG DER HEIMAT IN BERLIN
Anläßlich der zentralen Gedenkstunde zum 60. Jahrestag der
Vertreibung in Berlin am 6. August dieses Jahres, erhielten die deutschen
Heimatvertriebenen folgende Botschaft von Papst Benedikt XVI.:
„Zum Tag der Heimat entbietet seine Heiligkeit Papst Benedikt XVI.
den Teilnehmern beste Segensgrüße und versichert sie seiner
geistlichen Nähe. Die Erfahrung gewaltsamer Vertreibung ist auch
heute für unzählige Menschen schreckliche Wirklichkeit. Der
Aufruf „Vertreibung weltweit ächten“ ist daher ein Gebot
der Menschlichkeit, denn aus gesunder heimatlicher Verwurzelung schöpfen
Menschen Lebensfreude, soziale Gestaltungskraft und Zukunftshoffnung.
Heimat hat geographische, kulturelle, geistliche und religiöse Dimensionen.
Sie gehört zum Menschen und seiner Geschichte und darf daher niemandem
gewaltsam genommen werden. Ideologien, die Vertreibungen fordern oder
rechtfertigen, richten sich gegen die Würde des Menschen. Im Vertrauen
darauf, dass die Menschen und Völker ihren Willen zu Frieden und
Versöhnung aus dem Geist und aus der Kraft des Evangeliums Jesu Christi
nähren, erbittet seine Heiligkeit Papst Benedikt XVI. allen Teilnehmern
des diesjährigen Tages der Heimat von Herzen Gottes beständigen
Schutz und reichen Segen.“
Ich gehe davon aus, dass nur wenige unter Ihnen Gelegenheit hatten, an
der Berliner Veranstaltung vor drei Wochen teilzunehmen und diese Worte
zu vernehmen.
Heute möchte ich auch aus der Berliner Rede des ersten UN-Hochkommissars
für Menschenrechte zitieren. Dr. Jose Ayala Lasso, ehemaliger Außenminister
Ecuadors, war mein Chef von 1994 bis 1997, als er Hochkommissar für
Menschenrechte war. Am 6. August 2005 sagte er:
„Von den kollektiven Rechten ist für uns ... das Recht auf
Selbstbestimmung von besonderer Bedeutung. Bei der Entkolonialisierung
in Asien und Afrika und der Abschaffung der Apartheid spielten die Vereinten
Nationen eine wichtige Rolle. Andere kollektive Rechte einschließlich
der Rechte von Minderheiten und des Rechts auf die Heimat sind noch nicht
vollständig umgesetzt. Das Recht auf die Heimat ist allerdings nicht
nur ein kollektives, sondern auch ein individuelles Recht und eine Grundvoraussetzung
für die Ausübung zahlreicher bürgerlicher, politischer,
wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Rechte ... .“
„Auch wenn wir noch weit von der Erreichung dieser Ziele entfernt
sind, auch wenn es in der Welt von heute Millionen von Heimatlosen gibt,
ist es doch wichtig, diese Grundprinzipien zu bekräftigen und nach
Mitteln und Wegen für ihre Umsetzung zu suchen. Aus diesem Grunde
unterstütze ich auch die Idee, ein internationales Zentrum zum Kampf
gegen Bevölkerungsumsiedlungen einzurichten, dessen Aufgabe nicht
nur das Dokumentieren und Erforschen von Vertreibungen in der Vergangenheit
sein soll, sondern das sich ebenfalls zum Ziel setzt, zukünftige
Vertreibungen überall auf der Welt zu verhindern, indem es Aufklärung
betreibt und das öffentliche Bewusstsein schärft für die
Schrecken, die durch gewaltsame Bevölkerungsumsiedlungen entstehen,
indem es Frühwarnstrategien entwickelt und die Maßnahmen der
Vereinten Nationen auf diesem Gebiet unterstützt. Ich bin überzeugt,
dass Berlin ein geeigneter Ort für solch ein Zentrum ist.“
„Ich glaube, dass wir aus dem Beispiel der deutschen Vertriebenen
viel lernen können. Wenn wir uns des Umfangs der Vertreibung und
der Trauer über den Verlust von Gebieten bewusst werden, ... dann
müssen wir gleichzeitig anerkennen, dass die Vertriebenen erhebliche
Opfer gebracht haben, indem sie den Weg der friedlichen Integration wählten.
Wir können nicht umhin, die moralische Stärke dieser Menschen
und die Klugheit ihrer Führung zu bewundern, die jeglicher Art von
Gewalt eine Absage erteilten und sich entschlossen, sich eine neue Heimat
im Westen aufzubauen, ohne dabei die Liebe zu ihren Wurzeln aufzugeben,
zu den Landschaften, in denen sie aufgewachsen sind, zu den Kirchen und
Gotteshäusern, in denen sie beteten, zu den Friedhöfen, auf
denen ihre Vorfahren begraben sind.“
„Als ehemaliger Hochkommissar für Menschenrechte würde
ich hinzufügen, dass wir verpflichtet sind, diese Leiden zu mildern,
Mitgefühl zu zeigen mit den Opfern von Vertreibung, sie bei der Bewahrung
ihrer Kultur und Identität zu unterstützen, ihnen Hilfe zukommen
zu lassen und, wenn möglich, die friedliche Rückkehr in ihr
Heimatland zu ermöglichen. Das Recht auf das eigene Heimatland ist,
wie ich 1995 sagte, ein grundlegendes Menschenrecht, und die gesamte Weltgemeinschaft
ist aufgerufen, dieses Recht zu achten.“
So Jose Ayala Lasso, der erste UN-Hochkommissar für Menschenrechte.
Meine Damen und Herren, die Normen des Völkerrechts sind ausreichend
klar. Vertreibungen sind völkerrechtswidrig. Vertriebene haben ein
Rückkehrrecht und ein Recht auf Entschädigung. Diese Rechte
sind von verschiedenen Organen der Vereinten Nationen für die Palästinenser,
für die Zyprioten, für die Bosnier, Kroaten und Kossovaren anerkannt
worden. Doch, wie wir alle wissen, sind die Normen des Völkerrechts
und ihre Umsetzung leider nicht identisch.
Trotz etlicher Resolutionen der Generalversammlung und der UN-Menschenrechtskommission
sind die Palästinenser in ihre Heimat nicht zurückgekehrt und
leben in einer millionenfachen Diaspora. Die Überlebenden des Völkermordes
an den Armeniern im ersten Weltkrieg gingen auch in die Diaspora, nach
Frankreich, nach Argentinien, in die USA, nach Deutschland. Sie können
in ihre 3.000 Jahre alte Heimatgebiete nicht zurück, und ihr Eigentum,
ihre Uralten Kirchen und Kloster, ihre Friedhöfe und Ruinen sind
immer noch in den Händen des türkischen Staates.
Die 200.000 griechische Zyprioten, die vor gar nicht so langer Zeit -
Juli 1974 – also, vor 31 Jahren -- aus ihren jahrtausendealten Siedlungsgebieten
von der türkischen Armee vertrieben wurden, sind auch nicht in die
Heimat zurückgekehrt. Sie leben, wie die vertriebenen Deutschen,
in anderen Gebieten Zyperns, in der Hoffnung, eines Tages zu ihren Wohnungen
und zu ihrem Eigentum zurückzukehren. Erfreulicherweise hat der Europäische
Gerichtshof für Menschenrechte mehrfach das Recht auf Rückkehr
und das Recht auf Entschädigung der Zyprioten behauptet. Im Fall
Titina Loizidou v. Türkei haben wir einen bedeutenden Präzedenzfall.
Zwar darf Frau Loizidou immer noch nicht in die Heimat zurück - aber
die türkische Regierung musste ihr am 2. Dezember 2003 eine Entschädigung
von einer Million Euro bezahlen. Hier hat sich der Ministerrat des Europarates
standhaft gezeigt, und so mußte sich schließlich die Türkei
in der Frage der Entschädigung beugen.
Zur Frage des Rückkehrrechtes haben sich der Sicherheitsrat und die
Generalversammlung der Vereinten Nationen deutlich geäußert,
vor allem bezüglich der Palästinenser, der Kroaten, Bosniaken
und Kossovaren, die Opfer von ethnischen Säuberungen im ehemaligen
Jugoslawien geworden waren. So wurde ihr Recht auf die Heimat mindestens
auf dem Papier anerkannt.
Die UN-Unterkommission für Menschenrechte hat im Jahre 2002 eine
grundlegende Resolution zum Rückkehrrecht angenommen (Resolution
2002/30), die auf die vielen Resolutionen aus den Jahren 1994, 1995, 1996,
1997 usw. zurückgreift und sie bekräftigt.
Zur Frage der Restitution von Privateigentum haben verschiedene Sonderberichterstatter
der Vereinten Nationen dieses Recht begründet. Jüngst - vor
kaum drei Wochen - hat die(se) UN-Unterkommission eine einschlägige
Resolution zur Frage der Entschädigung an Flüchtlingen und Vertriebenen
angenommen (Resolution 2005/21).
Die Menschenrechte, meine Damen und Herren, gelten für uns alle.
Sie sind nicht teilbar. Man darf nicht zwischen Menschen oder Opfern unterscheiden.
Die deutschen Vertriebenen haben also dieselben Rechte wie die Armenier,
die Zyprioten, die Jugoslawen. Sie dürfen nicht diskriminiert werden.
Zentrum gegen Vertreibungen
Wie wir wissen, ist das Phänomen Vertreibung kein ausschließlich
deutsches Problem. Erlauben Sie mir eine Bemerkung zum Zentrum gegen Vertreibungen
in Berlin. Die Stiftung Zentrum gegen Vertreibungen existiert seit dem
Jahr 2000. Ich bin ebenfalls seit fünf Jahren Mitglied des Beirats.
Weitere Mitglieder sind u.a. Professor Christian Tomuschat, Professor
Eckart Klein, Professor Horst Möller - und ZDF-Historiker Guido Knopp.
Ich bin der Überzeugung, dass dieses Zentrum in Berlin bald Realität
wird. Wie Sie vielleicht wissen, waren die Gründer und Co-Direktoren
der Stiftung Professor Dr. Peter Glotz, ein Böhme und Frau Erika
Stienbach. Wir gedenken unseren Freund Peter Glotz, der gestern im alter
von nur 66 Jahren verstorben ist. Vielleicht wissen Sie auch, dass der
ausgewählte Ort des Zentrums – nämlich die St. Michael
Kirche in Berlin – abgesagt worden ist. Dies beauere ich –
aber ich kann Ihnen versichern, dass es andere geeignete Objekte in Diskussion
sind. Also, wenn nicht in der Michaeliskirche, dann irgendwo anders. Aber
auf alle Fälle in Berlin.
Darum ermutige ich Sie, an ihre Parlamentarier zu schreiben und zu verlangen,
dass das Zentrum endlich finanziert wird. Das Zentrum soll nicht nur der
Vertreibung gedenken, sondern auch für die weltweite Ächtung
von Vertreibungen wirken.
Meine Damen und Herren, wir befinden uns in geographischer Nähe
der Kulturzentren Weimar und Erfurt. Sie atmen die geistige Luft dieser
Kulturstädte. Dafür sollen Sie dankbar sein. Sie können
auch stolz darauf sein. Nationalstolz ist ein positiver Wert und eine
gesunde menschliche Einstellung. Denn nur wer seine Heimat liebt, arbeitet
für seine Zukunft, plant und denkt und dichtet für die künftigen
Generationen.
Geradezu surrealistisch erscheint es mir aber, wenn manche deutsche Politiker
und Journalisten nur Kulturpessimismus und Misanthropie von sich geben.
Zwar hüte ich mich vor Verallgemeinerungen. Denn, Gott sei Dank,
leiden nur einige Deutsche an dieser bedauerlichen und verkehrten Betrachtungsweise.
Diejenigen, die ihre Identität als Deutsche vorübergehend verloren
haben und vielleicht noch suchen, sollen sich an Goethe wenden:
„Öffne den umwölkten Blick
Über die tausend Quellen
Neben dem Durstenden
In der Wüste“
Ja, es sind „tausend Quellen“ da, gleich „neben dem
Dürstenden in der Wüste“. Sie heißen Goethe, Schiller,
Herder, Eichendorff, Hauptmann, Thomas Mann, Rilke, Kant, Johann Sebastian
Bach, Beethoven und Mozart. Und es war Johannes Brahms, der diese Verse
aus Goethes Harzreise im Winter in seiner „Alto Rhapsodie“
vertonte.
Ich bin überzeugt, dass die geistige Heimatlosigkeit der Deutschen
nur durch die Wiederentdeckung und Wiederbelebung der eigenen Kultur geheilt
wird. Darum sind Veranstaltungen wie diese so wichtig. Denn dadurch können
Sie mit ihrer eigenen Seele in Einklang kommen.
Ich widerspreche den Kulturpessimisten, die glauben, dass die deutsche
Kultur in ständigem Abbröckeln begriffen ist. Ich meine, die
deutsche Kultur starb nicht im Mai 1945. Sie ist nicht tot. Sie rastet
vielleicht, sie schläft zuweilen. Ich denke, man braucht sie bloß
zu wecken - ganz sacht mit der Offenbarung Hermann Hesses in seinem Gedicht
Frühling, das Richard Strauß vertonte:
„In dämmrigen Grüften
träumte ich lang
von deinen Bäumen und blauen Lüften,
von deinem Duft und Vogelsang.
Nun liegst du erschlossen
In Gleiß und Zier,
von Licht übergossen,
wie ein Wunder vor mir.“
Meine Damen und Herren, ich bin überzeugt, dass Sie dieses Wunder
in sich tragen. Denn Heimatliebe ist eine wundersame Kraft. Allerdings
braucht man sich nicht vollkommen in diesem Wunder der Kultur zu verlaufen!
Heimatliebe ist mit Heimatrecht verbunden. Man soll die Geschichte offen
aussprechen und ihre rechtlichen Konsequenzen auch.
Gerade in diesem Zusammenhang hilft uns die Kultur. Es gelten auch jene
von Schiller (Wilhelm Tell, II. Aufzug, zweite Szene) dem schwyzer Landmann
Werner Stauffacher in den Mund gelegten Worte:
„Kein Kaiser kann, was unser ist, verschenken!
Und wird uns Recht versagt vom Reich, wir können
In unsern Bergen auch des Reichs entbehren!“
Meine Damen und Herren,Politiker haben Ihre Heimat im Osten verschenkt.
Doch sollen die Politiker, die Medien und die Zeitgeist-Historiker Ihre
Geschichte und Ihre Kultur nicht auch noch verschenken dürfen. Die
Misetäter werden dies nicht können, solange Sie, Heimatvertriebenen,
Ihre Heimat und das Heimatrecht in der Seele tragen.
Solange Sie auf Ihrem Recht auf Wahrheit und auf Identität bestehen.
Nach der Wiedervereinigunt ist ein materieller Wiederaufbau erfolgt
– wichtierger aber, viel wichtiger als der materielle ist jedoch
der geistige Wiederaufbau. Der heutige Tag der Heimat dient also zum geistigen
Wiederaufbau. Er ist nicht bloß Gedenktag, sondern auch Tag des
geistigen Aufbaus – und des Dankens. Darum ist es patriotisch, für
die Heimat zu wirken, für die Erhaltung der überlieferten Werte
und für das Bauen einer Zukunft auf der Basis der Moral und der Menschenwürde.
Die deutsche Kultur ist reich und vielfältig. Sie wird der Menschheit
noch viel bringen, wenn sie von neuem entdeckt wird und weiter zur Blüte
kommt. Dadurch wird eine bessere und glücklichere Kulturlandschaft
in Deutschland und in Europa entstehen.
Wenn Sie nach Ostpreußen, Pommern Ostbrandenburg, Schlesien, ins
Sudetenland reisen, küssen Sie die Erde dort, denn Ihre Liebe zu
Heimat ist auch Ihr Menschenrecht.
Ihnen, den Heimatvertriebenen, Bürgern Thüringens und der Bundesrepublik,
wünsche ich eine Wiederbelebung ihrer Selbstachtung, ihrer Identität,
die Erneuerung Ihrer Kultur in Frieden und Menschenrechte.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Professor Dr. iur. et phil. Alfred de Zayas, Genf
Ehemaliger Sekretär UNO-Menschenrechtsausschuss, Genf
General-Sekretär PEN International Centre Suisse romande
Autor der Bücher Heimatrecht ist Menschenrecht, Universitas, München
2001
Die Nemesis von Potsdam, Herbig, München, 2005
www.alfreddezayas.com
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