Halle 20 August 2005
Verehrte Sänger des Ratibor Chors,
Verehrte Damen und Herren,
zwolf Eichendorff-Gedichte hat Robert Schumann
verstönt (Opus 39). Weit von Schlesien, weit von Deutschland
entfernt, hörte ich sie 1963 in Chicago ertönen. Sie
drangen in mein Herz hinein. Sie wohnen noch dort. Mondnacht wurde
sofort mein lieblings Eichendorff-Gedicht. Ich lernte es auswendig
und kann es 42 Jahre danach rezitieren – wie manche Gedichte
von Rilke und Hesse.
Ob diese Liebe der deutschen Literatur und Musik
mich später als Fulbright Stipendiat nach Deutschlang zog?
Jedenfalls hat mich Eichendorff immer begeistert und begleitet.
Auch in der Vertonung von Richard Strauß – jenes sublime
letztes Lied der „Letzten vier Lieder“ -- Im Abendrot
--
„Wir sind durch Not und Freude
gegangen Hand in Hand,
vom Wandern ruhen wir
nun überm stillen Land.“
Eichendorff war katholisch. Ich bin es auch.
Seine Heiligkeit Papst Johannes Paulus II, den unvergessenen Karol
Wojtila aus Krakau empfand christliche Sympathie für die
deutschen Vertriebenen und erteilte dem Bund der Vertriebenen
den apostolischen Segen.
Auch Seine Heiligkeit Papst Benedikt XVI hat
jungst Segensgrüße an den Bund der Vertriebenen anläßlich
der Gedenkstunde „60 Jahre Vertreibung“ in Berlin
am 6. August 2005 gesandt. Er schrieb
„Die Erfahrung gewaltsame Vertreibung ist
auch heute für unzählige Menschen schreckliche Wirklichkeit.
Der Aufruf 'Vertreibung weltweit ächten’ ist daher
ein Gebot der Menschlichkeit, denn aus gesunder heimatlicher Verwurzelung
schöpfen Menschen lebensfreude, soziale Gestaltungskraft
und Zukunfthoffnung. Heimat hat geographische, kulturelle, geistliche
und religiöse Dimensionen. Sie gehört zum Menschen und
seiner Geschichte und darf daher niemanden gewaltsam genommen
werden.“
Ich war auch im ICC in Berlin am 6. August und
hörte die inspirierenden Worte des ersten UNO-Hochkommissars
für Menschenrechte, meinen einstigen Chef, Dr. Jose Ayala
Lasso, an die deutschen Vertriebenen:
„Das Recht auf das eigene Heimatland ist,
wie ich 1995 sagte, ein grundlegendes Menschenrecht, und die gesamte
Weltgemeinschaft ist aufgerufen, dieses Recht zu achten... Die
Liebe zur Heimat ist in der Tat ein positiver Wert. Nur wer seine
Heimat liebt, arbeitet daran, sie zu verschönern, sie zu
einem besseren Ort für Kinder und Enkelkinder werden zu lassen
... Auch ich unterstütze die Idee, ein internationales Zentrum
zum Kampf gegen Bevölkerungsumsiedlungen einzurichten, dessen
Aufgabe nicht nur das dokumentieren und Erforschen von Vertreibungen
in der Vergangenheit sein soll, sondern das sich ebenfalls zum
Ziel setzt, zukünftige Vertreibungen überall auf der
Welt zu verhindern ...Ich bin überzeugt, dass Berlin ein
geeignerter Ort für solch ein Zentrum ist.“
Als Amerikaner bejahe ich auch die Einrichtung
des Zentrums gegen Vertreibungen in Berlin, denn Berlin ist für
alle Menschen – nicht nur Deutsche - eine symbolische Stadt.
Die Stadt der Teilung und der Wiedervereinigung.
Und, wenn andere Städte wie Königsberg,
Danzig, Stettin, Breslau, Eger oder Karlsbad ihre eigenen Zentren
etablieren wollen, um so besser. Es geht uns alle darum, Vertriebene
als Opfer des Unrechts anzuerkennen, ihr Leid zu dokumentieren
und küftige ethnische Säuberungen weltweit zu ächten.
„Aus der Heimat hinter den Blitzen rot
Da kommen die Wolken her ...
So Eichendorffs Gedicht „In der Fremde“
Wir wollen keine Wolken der Kriege und der Vertreibungen
mehr. Jeder von uns sehnt sich nach Friede, nach seiner Heimat,
nach einer sternklaren Nacht, um durch die stillen Lande zu fliegen,
fliegen wie nach Haus.