Siehe
E/CN.4/Sub.2/1997/23
Erklärung über Bevölkerungstransfers und die Sesshaftmachung
von Siedlern
Artikel 1
Die in dieser Erklärung gesetzten Normen sind in allen Situationen
anzuwenden, einschließlich Friedenszeiten, Situationen von
Störungen und Spannungen, innerstaatlicher Gewalt, innerstaatlicher
bewaffneter Konflikte, Situationen gemischter innerstaatlich-zwischenstaatlicher
bewaffneter Konflikte, zwischenstaatlicher bewaffneter Konflikte
und Situationen des öffentlichen Notstandes. Die Normen in
dieser Erklärung sind unter allen Umständen verbindlich.
Artikel 2
Diese Normen sind verbindlich für und anwendbar auf alle Personen,
Gruppen und Obrigkeiten ungeachtet ihres gesetzlichen Status.
Artikel 3
Rechtswidrige Bevölkerungstransfers umfassen eine Praxis oder
Politik, die den Zweck oder das Ergebnis haben, Menschen in ein
Gebiet oder aus einem Gebiet zu verbringen, sei es innerhalb internationaler
Grenzen oder über Grenzen hinweg, oder innerhalb eines, in
ein oder aus einem besetzten Gebiet ohne die freie und informierte
Zustimmung sowohl der umgesiedelten als auch jeglicher aufnehmenden
Bevölkerung.
Artikel 4
1. Jeder Mensch hat das Recht, in Frieden, Sicherheit und Würde
in seiner Wohnstätte, in seiner Heimat und in seinem Land zu
verbleiben.
2. Niemand darf dazu gezwungen werden, seine Wohnstätte zu
verlassen.
3. Die Verbringung einer Bevölkerung oder von Bevölkerungsteilen
darf nicht angeordnet, angeregt oder durchgeführt werden, es
sei denn, ihre Sicherheit oder zwingende militärische Gründe
verlangen es. Alle auf diese Weise verbrachten Personen haben das
Recht, unmittelbar nach Beendigung der Umstände, die ihren
Ortswechsel erzwungen hat, zu ihren Wohnstätten, in ihre Heimat
oder an ihre Herkunftsorte zurückzukehren.
Artikel 5
Die Besiedlung eines besetzten oder umstrittenen Gebiets durch die
Besatzungsmacht bzw. die es faktisch beherrschende Macht mit Teilen
ihrer eigenen Zivilbevölkerung, sei es durch Transfer oder
Anreize ist rechtswidrig.
Artikel 6
Jegliche Praxis oder Politik, die das Ziel oder den Effekt hat,
die demographische Zusammensetzung einer Region, in der eine nationale,
ethnische, sprachliche oder andere Minderheit oder eine autochthone
Bevölkerung ansässig ist, zu ändern, sei es durch
Vertreibung, Umsiedlung und/oder durch die Sesshaftmachung von Siedlern
oder eine Kombination davon, ist rechtswidrig.
Artikel 7
Bevölkerungstransfers oder -austausche können nicht durch
internationale Vereinbarungen legalisiert werden, wenn sie grundlegende
Bestimmungen der Menschenrechte oder zwingende Normen des Völkerrechts
verletzen.
Artikel 8
Jeder Mensch hat das Recht, in freier Entscheidung und in Sicherheit
und Würde in das Land seiner Herkunft sowie innerhalb dessen
an den Ort seiner Herkunft oder freien Wahl zurückzukehren.
Die Ausübung des Rückkehrrechts schließt das Recht
der Opfer auf angemessene Wiedergutmachung nicht aus, einschließlich
der Rückgabe von Gütern, die ihnen im Zusammenhang mit
dem oder als Ergebnis des Bevölkerungstransfers entzogen wurden,
Entschädigung für jegliches Eigentum, das ihnen nicht
zurückgegeben werden kann und allfällige andere, völkerrechtlich
vorgesehene Reparationen.
Artikel 9
Die obengenannten Praktiken des Bevölkerungstransfers stellen
Völkerrechtsverstöße dar, die sowohl staatliche
Verantwortlichkeit als auch individuelle strafrechtliche Verantwortung
begründen.
Artikel 10
Wo durch diese Erklärung verbotene Taten oder Unterlassungen
begangen werden, sind die internationale Gemeinschaft als ganze
und die einzelnen Staaten dazu verpflichtet: a) die durch solche
Taten geschaffenen Situationen nicht als rechtmäßig anzuerkennen;
b) im Falle laufender Vorgänge die sofortige Beendigung und
die Rückgängigmachung ihrer schädlichen Folgen sicherzustellen;
c) dem Staat, der eine solche Tat begangen hat oder noch begeht,
bei der Aufrechterhaltung oder Verstärkung der dadurch geschaffenen
Situation keine Hilfe, Beihilfe oder Unterstützung zu gewähren,
sei es finanziell oder in anderer Form.
Artikel 11
Die Staaten sollen Maßnahmen ergreifen, die die Verhinderung
von Bevölkerungstransfers und der Sesshaftmachung von Siedlern
zum Ziel haben, einschließlich des Verbots der Anstachelung
zum rassischen, religiösen oder sprachlichen Haß.
Artikel 12
Nichts in diesen Artikeln darf so ausgelegt werden, daß es
den Rechtsstatus irgendeiner Obrigkeit oder von Gruppen oder Personen
berührt, die in Situationen von innerstaatlicher Gewalt oder
von Störungen und Spannungen oder des öffentlichen Notstandes
involviert sind.
Artikel 13
1. Nichts in diesen Artikeln darf so ausgelegt werden, daß
es die Anwendung der Bestimmungen gleich welcher internationaler
humanitärer oder menschenrechtlicher Instrumente beschränkt
oder beeinträchtigt.
2. Falls unterschiedliche Normen auf dieselbe Situation anwendbar
sind, soll diejenige Bestimmung gelten, die den größtmöglichen
Schutz für von Bevölkerungstransfers betroffene Einzelpersonen
oder Gruppen bietet.
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